Den Investitionsplan nach Wichtigkeit für die Bürgerinnen und Bürger neu sortieren!
Seit Monaten waren sich die Fachleute der Verwaltung im Rahmen der Aufstellung des
Finanzplanes 2022 sehr sicher und warnten sehr eindringlich für das kommende Jahr:
Uns fehlen 13 Mio. Euro in unserem Haushalt! Wir greifen unsere Reserven an! Und
wenn wir so weiter machen, dann sind wir in wenigen Jahren im „Zwangshaushalt“!
Zwangshaushalt bedeutet für uns und alle Bürgerinnen und Bürger: Kürzung oder
ganzheitliche Rücknahme von Unterstützungen für alle Vereine und von vielen freiwilligen
sozialen Unterstützungen! Zudem der Verzicht auf weitere Sanierungen von Schulen,
Straßen, die Investition in „freiwillige“ Klimaschutzmaßnahmen usw. Ein großer Teil der
Stadtpolitiker hatte trotzdem noch sinngemäß verkündet: Augen zu und durch, wird schon
klappen. Jetzt, kurz vor der Haushaltsverabschiedung gibt es erfreulicherweise eine unerwartete
Mittelzuweisung, eine Art Beruhigungsspritze zur Haushaltsaufstellung, sehr pressewirksam,
und jetzt wird plötzlich alles wieder gut? Nur auf den ersten Blick, denn aus der geplanten
Neuverschuldung von 185 Mio. Euro bis 2030 ist somit nur eine Neuverschuldung von 178 Mio.
Euro geworden. Zudem fällt der Löwenanteil der Neuverschuldung auf die kommenden 3 Jahre!
Es bleib also im Kern bei der sehr klaren Warnung des Kämmerers, die Langfristigkeit einer soliden
Haushaltsführung in den Vordergrund zu stellen: Die Haushaltssicherung droht weiterhin! Um
dieses Fiasko zu vermeiden, will die BG-Fraktion den Anstoß geben und für eine durchaus
mögliche und zukunftsfähige Finanz -und Gestaltungsplanung werben! Die Ausgangssituation:
Die Verwaltung stöhnt, es werde mehr Fachpersonal für die Erledigung der Aufgaben benötigt.
Dies scheint tatsächlich so, sieht man sich die „offenen und schleppenden Baustellen“ an: Die
Sanierung der Schulen könnte schneller voran gehen. Die Lüftungsanlagen zur Reduzierung der
Corona-Gefahren in den Schulen werden zeitlich gestreckt und nur in weniger Schulen eingebaut
als erforderlich. Reparaturen wie die z.B. seit Ende 2019 gesperrte Straßenbrücke in Herringhausen,
die jetzt für Anfang `22 angekündigt ist. Das dringend für den Schwimmunterricht benötigte
Schwimmbad in Dedinghausen wartet seit vielen Jahren auf seine erforderliche Sanierung, und
die ist jetzt für erst 2026 geplant. Die Bettelampeln werden nur äußert zäh umgestellt. Die Liste
kann sicherlich jeder verlängern...
Aus BG-Sicht wird andererseits viel Personalenergie in das Wunschprojekt der Verwaltung gesteckt,
ein neues Stadthaus zu bekommen. Und dies wird so von einer großen Mehrheit der im Rat
vertretenden Parteien unterstützt. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die BG ist
ganz klar für eine Verbesserung der Gebäudestruktur der Stadtverwaltung. Auflösung der zahlreichen
Außenstellen, hin zu einer Ortszentralisierung und Sanierung.
Vorschlag der BG: Eine zeitliche Aussetzung der Planungen für zwei Jahre für den Stadthausneubau!
Um Finanz- und Personalressourcen zu schaffen. Die Entwicklung solcher Verwaltungsgebäude ist
zudem im Augenblick sehr dynamisch, durch für uns alle mit kaum fest planbaren Veränderungen
durch nicht nur - Corona-bedingtem - Homeoffice und Fortschreiten der Digitalisierung. Dies für ein
für Lippstädter Verhältnisse sehr gewaltigen Bauvorhaben (im Augenblick geschätzte Kosten,
einschließlich Bedienstetenparkhaus: ca. 55 Mio. Euro). Die BG möchte erreichen, dass erst die für
die Bürgerinnen und Bürger wichtigeren Projekte abgearbeitet werden:
Die Erfüllung des Brandschutzbedarfsplanes mit dem Neubau des Feuerwehrhauptstützpunktes und
der Anpassung der weiteren Feuerwehrstützpunkte. Einbau der Coronaschutz-Lüftungsanlagen in den
Schulen. Sanierung der Schulen. Sanierung des Lehrschwimmbeckens in Dedinghausen.
Radwegereparatur und deren Erweiterung, Verbesserung ÖPNV. Start von technischen
Klimaschutzmaßnahmen. Weiterführung Jakob-Koenen-Straße als Kernstadttangente bis zur
Stirper Straße um endlich die Cappelstraße und Woldemei zu entlasten. Dies geht auch ohne
Stadthausneubau, so wie in jedem Baugebiet erst die Straßen und dann die Häuser erstellt werden!
Auch hier ließe sich die Liste wieder verlängern... In den zwei Jahren besteht dann auch die Möglichkeit,
wenn sie auch politisch vehement vermieden wurde: Kostengünstigere zweckerfüllende Gebäude- oder
Standortalternativen zu bewerten. Angefangen damit, dass nach dem Wegzug der Feuerwehr die
leergezogenen Gebäude genutzt werden können. Es ist u.a. ein hervorragender, wenige Jahre alter
Verwaltungsbau mit bester Wärmedämmung und Infrastruktur vorhanden, das denkmalgeschützte Feuer-
wehrgebäude kann weitergenutzt werden. Mögliche zusätzliche Anbauflächen für das Stadthausgebäude
sind reichlich vorhanden. Der Anbau in Form eines angesetzten L-Traktes war bereits geplant. Nach der
Fertigstellung des Anbaus hätte der erste Umzug aus dem Altbau hierhin stattgefunden, das leere
Bestandsgebäude wäre saniert worden. Anschließend wäre der Umzug aus den Nebenstellen in das
sanierte Gebäude erfolgt. Vermutlich gäbe es für die Sanierung und Erhaltung sogar Fördergelder.
Entstanden wäre ein Stadtverwaltungscampus im gewachsenen Stadtteil. Und dann noch ein sehr mutiger
Vorschlag: Schon vor Jahren stand das westliche Gelände am Hauptstandort der Firma Hella zu Disposition.
Was kann zukünftig auch aus den anderen Arealen werden, da sich das Unternehmen in den Händen des
neuen Besitzers u.U. flächenmäßig völlig anders entwickelt? Es sind, gut sichtbar für jeden, insbesondere
an der Rixbecker Straße und der Lüningstraße, moderne, solide und große Bürogebäude vorhanden.
Sogar jetzt schon mit einem größeren Grünstreifen als er am neuen Stadthaus geplant ist. Wir haben
doch sicherlich aus dem Uniongelände gelernt und wissen was passiert, wenn man nicht mehr benötigte
Industrieflächen „aus den Augen verliert“. Unsere Aufgabe ist es, so wie wir es unseren Bürgerinnen und
Bürgern immer wieder empfehlen, Substanz zu erhalten und ggf. durch Sanierung aufzuwerten.
Unser Gedanke bei allen Stadthaus-Alternativlösungen ist es auch, unnötigen Gebäudeabriss und
Neu-Wiederaufbau zu vermeiden. Die Bauindustrie ist einer der größten CO²-Erzeuger! Es ist gleich, ob
die Wärmedämmung auf Neubauten oder auch, wie wir es in den Bürgerberatungen durch die städtischen
Energiefachleute empfehlen, auf bestehenden Gebäuden aufbringen.
Noch ein kleiner, nach unser Meinung in politischen Gremien bestehender Irrtum: Ein neues Stadthaus in
der geplanten Größe „rechnet“ sich nicht von selber! Die jährliche Abschreibung belastet den schon negativen
Haushalt zusätzlich, die Beheizung der über mehrere Etagen gehenden Eingangshalle mit Großglasdach ist
nicht umsonst (Allheilmittel durch Solaranlagen und BHKWs für „die Schauräume“?)! Und auch Kredite müssen
zurückgezahlt werden. Die Aussicht, einen sehr kleinen Teil der Baukosten durch Fördergelder abzudecken, ist
sehr vage. Die Kosten- und Personalreserven brauchen wir auch an anderen Stellen: Die dringend erforderlichen
Sanierungen der Soletherme in Bad Waldliesborn (das erste Becken musste bekanntlich schon außer Betrieb
genommen werden). Technische Klimaschutzmaßnahmen. Die gewünschte Erweiterung des Stadtmuseums und
Marktplatzumgestaltung. Planung und Bau einer Wasserstofftankstelle. Für all diese Positionen gibt es für die
Zeit bis 2030 keine Kosteneinplanungen im Haushalt! Besonders bei der ersten Position sieht die BG-Fraktion
die Sache äußerst ernst, erinnern wir uns doch, welche Summen die Sanierung des Stadttheaters verschlungen
hat!
Und unsere städtebauliche Bewertung: Ein Stadtverwaltungsgebäude ist bis 17 Uhr nicht gerade ein
Publikumsmagnet (außer man benötigt einen neuen Personalausweis, Reisepass ö.ä.), nach Feierabend ist es
gänzlich verwaist. Wie soll sich dort als Verlängerung der Einkaufsstraßen eine „Lange Straße de luxe“ entwickeln?
Originaltext aus der Verwaltung: „Stadthaus-Boulevard“. Stellen wir uns stattdessen an der geplanten Stelle eine
offene Grün- und Freifläche vor, die für Veranstaltungen genutzt werden kann. Lärm stört nicht den Bahnverkehr
und auch nicht die Hauptstraße. Die aufgeführte Stellungnahme ist das Ergebnis der BG-internen
Haushaltsberatung, die die BG in der vergangenen Woche im Quality-Hotel durchgeführt hat. Die 2-jährige
Planungsaussetzung wird die BG-Fraktion in der Rats- und Haushaltssitzung am Montag,
den 13.12. beantragen.